Ernährungsumstellung - Zucker

 Irgendwo las ich, dass eine Ernährungsumstellung mit dem Erlernen einer Fremdsprache zu vergleichen sei. - in meinen Augen ein sehr guter Vergleich.

Wie lange bin ich nun schon dabei, meine Ernährung umzustellen?

Nach der Geburt meiner Tochter im Jahre 1993 wollte ich schnell die Pfunde wieder loswerden, die sich in der Schwangerschaft angesammelt hatten. Mein Gewicht war in der Schwangerschaft regelrecht explodiert und mein Frauenarzt wurde nicht müde, meine Zunahme regelmäßig lautstark zu kommentieren, aber ich hatte nonstop sehr überzeugend großen Hunger. Nunja, 1993 ... da wog ich dann um die 75 kg und fand das schon schlimm, da ich früher - ganz früher ... immer so um die 50 kg wog. Als Jugendliche, junge Erwachsene, lag mein Gewicht bei 43 kg, da ich viel Sport getrieben habe und alle Distanzen mit dem Fahrrad zurücklegte. Im Dorf aufwachsen bedeutete damals, dass ich mit dem Fahrrad zu einer Freundin fuhr, wir zusammen joggen gingen und ich mich dann - mit dem Fahrrad - beeilte, pünktlich in die Reithalle zu kommen. Ich habe nie wirklich auf meine Ernährung geachtet und war schlicht dünn. Wenn dicke (vermutlich eher mollige) Mädchen jammerten, konnte ich nicht verstehen, warum sie nicht abnahmen, wenn sie die Kilos störten. Hach, war das eine schöne, unwissende Zeit.

Nach den Geburten - Kind Nr. 2 im Jahr 1997 - brachte mich auf 85 kg - machte ich so ziemlich jede Diät, um danach wieder dünn und sorglos zu sein. 

Am besten habe ich mit den Weight Watchern weiter zugenommen ... hach, und die Brigitte-Diäten  - ich glaube, ich habe 10 Jahre lang jedes Jahr die Brigitte-Diät gemacht oder zumindest begonnen.

Wirklich erfolgversprechend war dann das Saftfasten, das ich durch Joe Cross "fat, sick and nearly dead" für mich entdeckte. Das war super! Nur hatte ich leider übersehen, dass Herr Cross mit Gemüsesäften fastete, während ich auch gerne die vielen Äpfel aus meinem Garten und anderes Obst in den Entsafter stopfte. Das Ergebnis war viel leckerer als die grünen Säfte die Joe Cross aus Grünkohl, Mangold und ähnlichem machte.

Wenn ich nicht selbst zum Entsaften kam, griff ich gerne zu den fertigen Säften von true fruits. Was soll ich sagen? Die Pfunde schwanden und mir ging es immer besser! Hoffnungsfroh sank ich unter die 90 kg Grenze und hatte das Idealgewicht schon am Horizont winken sehen. Ich machte im Wechsel Fastenkuren und ernährte mich dann für eine Weile wieder "normal und gesund" (von wegen ...)

Leider hatte ich komplett ausgeblendet, dass Obst neben vielen Vitaminen eben auch viel Fruchtzucker enthält. Ich sah nur, dass ich zügig an Gewicht verlor und mich immer besser fühlte. Was konnte da schon schiefgehen? ...

Ich hatte ehrlich gesagt noch nie von Diabetes Typ 2 gehört. Bzw. ich kannte ihn nur als Altersdiabetes und hatte keine Ahnung, dass man sich diese Krankheit durch hohen Zuckerkonsum einhandeln kann. Selbst wenn, hätte ich mich nicht als "Zielgruppe" gesehen, da es in meinem Haushalt nie Zucker gab. Bzw. sehr wenig, wenn ich mal gebacken habe.

Total schlau hatte ich den Zucker in meinem Milchkaffee in den 90ern gegen Agavensirup ausgetauscht. Bio-Agavensirup!  <fakenews> Agavensirup ist viel gesünder als Zucker </fakenews>

Ich wähnte mich auf der sicheren Seite und war auch nicht wegen Diabetes, sondern der appetitanregenden Wirkung des Zuckers auf Agavensirup umgestiegen.

Clever ...

Machen wir es kurz:  Zucker ist ungesund und wir benötigen kein Gramm davon ... (Mit genau solchen Binsenwahrheiten geht es hier übrigens weiter) ... und dies gilt auch für sämtliche Zuckerersatzprodukte. Man kann sich den ganze Kram und die  damit verbundenen Kosten getrost sparen und entweder weiterhin weißen Zucker benutzen oder auf Zuckerzusatz verzichten.

Mittlerweile mit der frohen Botschaft des Diabetes überrascht, fiel es mir erst einmal recht leicht, auf Zucker und Softdrinks zu verzichten. Oh, ich liebe Bitter Lemon und sämtliche ähnlich leicht grün eingefärbten, leicht säuerlichen Getränke! Säuerliche Getränke erhalten übrigens mehr Zucker als die knallsüßen Getränke - ätsch! bzw. warum auch immer. Eine Zeitlang funktionierte es super - kein Zucker, keine gezuckerten Getränke und keine Säfte. Kein Eis, kein Kuchen, keine Kekse ... etc

Ich hatte einen ca 2 monatigen Rückfall, in dem ich regelrechten Heißhunger auf Sprite-Limonade hatte. Das endete mit plötzlichen Sehschwankungen. Selbst mit der Lesebrille und der Nase auf dem Bildschirm konnte ich kaum etwas entziffern. Das war absolut beängstigend und ich habe tatsächlich nie wieder auch nur den Anflug irgendwelcher Limonade-Gelüste verspürt.

Ein Besuch beim Augenarzt ergab, dass meine Augen noch durchaus in Ordnung sind - zumindest gab er keinen Alarm. Seit ich die 50 erreicht habe, bin ich stolze Besitzerin von einer Alltags- und einer stärkeren Lesebrille. Ob ich die brauche, oder nicht, wechselt und ich habe noch nicht recht raus, ob meine Sehstärke nicht evtl. an den Mondphasen hängt ... (Scherz) denn sie schwankt nicht direkt mit meinem Blutzucker.

Ein Nachteil am Landleben ist, dass ich zwar alle 3 Monate zur Kontrolle zu meinem Hausarzt gehe, es aber nie eine echte Beratung zum Thema Diabetes gab. Man empfahl mir das Intervallfasten und den Verzicht auf gezuckerte Lebensmittel. Das Intervallfasten funktionierte anfangs, als ich mich noch in so einer Art "ich muss sterben!" Schockstarre befand, ganz gut. Der Hulk schwieg abends und ich fastete.

Leider ist Angst nur ein zeitlich begrenzter Motivationsfaktor für eine Ernährungsumstellung und so geriet das Intervallfasten trotz unbestrittener Wirksamkeit erst einmal wieder in Vergessenheit. Aktuell versuche ich mich wieder daran - halte aber lediglich eine Fastenphase von 18 - 7.30 Uhr (so ca.) durch.

Nicht toll, aber durchaus auch schon wirksam.

So bin ich heute bei 103,4 kg angekommen und mein Glukose-Durchschnitt für 7 Tage ist von unguten Werten über 11 auf 9,3 mmol gesunken.

Google sagt:

Bei einem gesunden Erwachsenen liegt der Blutzucker nüchtern – also nach 8 bis 10 Stunden ohne Nahrung – meist unter 100 mg/dl bzw. 5,6 mmol/l. Zwei Stunden nach einer Mahlzeit liegt der Wert meist unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l).


Das finde ich besonders spannend - mein Blutzucker steigt morgens VOR meinem ersten Kaffee. Woher ich das weiß? Ich habe so einen weißen Knopf am Arm, der meine Blutzuckerwerte an eine App auf meinem Handy funkt. Sauteuer - und ich bin unglaublich geschickt darin, mit dem Knopf irgendwo hängen zu bleiben, so dass sie bei mir selten mal die vorgesehenen 14 Tage halten. Man kann dann einen Ersatz bestellen - total "praktisch" online ... in der Zeit, in der ich das alles ausgefüllt habe, kann ich 3 Asylanträge stellen! Daher habe ich erst ein einziges Mal tatsächlich Ersatz bestellt und setze immer eine Weile mit den Werten aus, bis dann ein neuer Karton mit Knöpfen geliefert wird.

Wen es interessiert, einfach mal "FreeStyle Libre 3" googlen. Den ersten Knopf bekommt man umsonst zum Testen ... die weiteren Knöpfe kosten dann nicht gerade wenig und nicht alle Krankenkassen übernehmen die Kosten.

Ich machte mich nach meinem gelungenen Zuckerentzug dann weiter kundig und stellte fest, dass auch Brot, Kartoffeln und eigentlich fast alles den Blutzucker steigen lässt. Und hier befinde ich mich nun im "Finetuning" meiner Ernährungsumstellung ...

Kein Brot, kein Reis, keine Kartoffeln, keine Nudeln - nichts mit/aus Mehl oder Kartoffeln.

Und egal, woraus Chips gemacht wird: keine Chips! (egal, was der Hulk abends sagt ...)

Was ich gerade wieder zurücknehme, ist mein völliger Verzicht auf Obst vor lauter Angst vor dem Fruchtzucker. Ich bin nun so weit, morgens/vormittags ein Stück Obst zu essen und dann meine Waldrunde zu drehen. Irgendeiner meiner Ernährungsgurus meinte, man solle 30 Minuten nach Beginn einer Mahlzeit einen Spaziergang machen. Die Bewegung würde dann die Spitzen des Blutzuckers kappen.

Dumm nur, wenn man auf so einem Spaziergang dann richtig Appetit bekommt und doch irgendwann einmal arbeiten muss ...



 

 

 

 




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