Es war einmal eine Powercat

Ich weiß nicht, wer von Euch überhaupt noch weiß, dass ich neben der Hausfrauenseite auch noch die Powercat hatte.
Sie war mein ehrgeiziges, seriöses Projekt - ein kleiner Versuch, neben dem Muttchen-Image auch noch als Business-Frau anerkannt zu werden.
Zusammen mit einem leider vor Jahren verstorbenen Freund, habe ich eine Suchmaschine für Frauen aufgemacht. Die Linksammlung der Hausfrauenseite war nämlich viel zu unübersichtlich geworden und so sortierte ich alles in einen Katalog mit Suchfunktion.
Fragt nicht, wieviel Arbeit ich da investiert hatte.
Damals waren Frauen im Web noch nicht so selbstverständlich vertreten wie heute.
(ich hatte auch mal einen Webring "Mütter mit Modem", damit Frauen von einer Frauenseite zur nächsten surfen konnten, unter dem Begriff "Frauenseite" verstanden Männer was anderes, was sie in Suchmaschinen schwer auffindbar machte ;-)
Meine Arbeit wurde belohnt.
Die Powercat hatte ihre ersten Werbekunden und sowohl die Kirchen, als auch die Emanzen, Lesbenverbände, Normalos und und und ... vor allem staatliche Fraueneinrichtungen nutzten und verlinkten den Katalog.
Das Bundesministerien für Frauen und Gedöns machte die Powercat sogar zur Seite des Monats.
Mann, war ich glücklich!

Und dann kam Springer.
Für die Schlagzeile "Frauenministerin Bergmann vermittelt Callboys" wurde mir meine Powercat versenkt.
Die Powercat enthielt keinen einzigen Link zu Callboys und die Sprecherin der Frauenministerin sicherte mir am Telefon auch zu, man ließe mich mit dem Skandal nicht im Stich.
Aber am nächsten Tag entschuldigte sich Frau Bergmann artig bei der Bild, die Powercat je verlinkt zu haben - und als erstes meldete sich der kirchliche Frauenverband und forderte mich auf, sämtliche Links zu ihren Seiten zu löschen.
Christliche Frauensolidarität halt ;-)
Seither habe ich ein schwer gespaltenes Verhältnis zum Springer-Verlag, christlichen Verbänden und Politikern - und die Powercat stürzte in die Bedeutungslosigkeit ab.
Jahrelang habe ich sie trotzig weitergepflegt.

Gestern habe ich dann von einem Shopbetreiber, der seit Jahren Texte der Hausfrauenseite in seinem Shop einblendet, eine massive Drohung bekommen, dass er mich für irgendwas in Sachen Powercat abmahnen lässt, wenn ich auf die Bezahlung meiner horrenden Rechnung bestehe.

Und als ich mir die Powercat gestern so anschaute - man merkt ihr an, dass ich kaum Zeit für sie finde, dachte ich.
Spontan erinnerte sie mich an den verlassenen Hertie in Rendsburg, der schon nicht schön war, als er noch geöffnet hatte. Aber seit er pleite und leer ist, seit die Fenster verhangen und der Eingang nicht mehr geputzt wird ... traurig.

Im Internet ist es einfacher als in Rendsburg.
Ein wenig beherztes Schrauben von Felix und da, wo mal die Powercat war, sind jetzt 1 und 0 ...

Wer noch einen Link zur Powercat hat:
bitte löschen.
Sie kommt nicht wieder.

Aber hey, sie war Klasse!

Und die Leute, die mir damals bei diesem Springer-Skandal geholfen haben - die habe ich noch :)

Was das Geld angeht - ich lasse mich überraschen.
Ich bin einfach sehr dafür, dass meine Arbeit honoriert wird.
Entweder via Quellenangabe oder monetär.

Meine Texte kopieren, evtl. verhunzen und das eigene Copyright drunter pappen und sich dann nicht freuen, dass ich zu den Netten gehöre, die schlicht und ergreifend nur ein Texthonorar in Rechnung stellen, ist irgendwie schräg.

Und glücklicherweise auch nicht der Alltag.
Für einen anderen Shop bin ich auf die Art zum Ghostwriter geworden.
Der mag meine Schreibe - ich mag sein Geld.
Das ist die perfekte Grundlage für eine wirklich glückliche Beziehung :))

Hier habe ich noch einen Beitrag zu meinem Sex-Skandal von damals gefunden.
Ist aber etwas wirr geschrieben.
Ich glaube, ich war ganz schön durch den Wind.
So einen Streifschuss vom Springer-Verlag wegzustecken ist gar nicht so leicht ...

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