der Alltag naht

Ach ja ...
Der Urlaub ist vorüber und ich versuche noch, mich wieder im Alltag einzufädeln.
Venedig war wieder wunderschön.
Natürlich ist alles wahr, was man über Venedig im Juli sagt.
Der Markusplatz ist von Touristen so überfüllt, dass man kaum die Tauben sehen kann.
Und die kleinen Gassen rundherum auch noch.
Aber dann ist es auch schon gut - kaum hat man sich ein wenig verlaufen, kann man auf komplett menschenleere Gässchen stoßen, deren Namen man in keiner Venedig-Karte entdecken kann - oder gleich fünfmal und die ganz erstaunlich weit vom Hotel entfernt scheinen.
Überhaupt lernt man nach wenigen Minuten Venedig die Straßenplanung eines Herrn Haussmann in Paris ganz unglaublich schätzen, denn in Venedig ist eine Orientierung eher unmöglich.
Ein vages "wir müssen nach da!" kann man unverzüglich knicken, da es keinerlei gerade Gassen zu geben scheint. Schmale Gassen umgeben von hohen Häusern und die Orientierungspunkte wie, "da war ein kleiner Kanal, kleine Brücke, ein Restaurant, ein Geschäft mit Kruschkram" kann man allesamt abhaken, denn so sehen alle Gässchen aus und die Ladeninhaber haben noch dazu den Tick, ihre Schaufenster täglich neu zu dekorieren. Bis auf die Restaurants, die mit einer riesigen Pizza dekorieren, auf der sich täglich neue Fliegen einfinden. Oder mit lebenden Hummern, die traurig auf Eis liegen.
Wegen der Höhe der Häuser kann man in einer Seitenstraße des Dogenpalastes sein und merkt es nicht. Ich habe sehr darauf geachtet, das Hotel keinesfalls ohne Karte und -lacht ruhig- Brille zu verlassen.
Und was ich wirklich nur in Venedig tun muss:
sich mit der Karte so drehen, dass die Ausrichtung von Karte und einem selbst übereinstimmt.
Morgens verließen wir immer fröhlich das Hotel und ließen uns treiben.
Derzeit ist Biennale und die Stadt ist voller lustiger Pavillions der einzelnen Länder.
Zimbabwe war im 3. oder 4. Stock eines hm, vermutlich Schulgebäudes untergebracht.
Irland direkt daneben.
Nö, ich habe keine Ahnung von Kunst, ich gucke nur gerne.
Wobei ich den Fütüre-Pavillion aus Asien deutlich schöner fand als den schwer bewachten Italien-Pavillion. Der ist streckenweise arg gruselig. Eher Geisterbahn denn Kunstgenuss.
In einem Mafia-Teil muss man in einen extra-Holzbereich, der tatsächlich eine Art beleuchtete Geisterbahn ist. Zu den Klängen einer Schreibmaschine wandert man erst an großen Zeitungsartikeln über Mafia-Opfern vorbei. Dann kamen ein paar ganz abstoßende Figuren, die mich zur Umkehr bewegten. Ich wollte nicht wirklich wissen, wie es weitergeht.
Gute Entscheidung, denn auf der anderen Seite kam meine Tochter heraus, die kreidebleich mit den Tränen kämpfte und "geh da bloss nicht rein!" jammerte.
Die Biennale stellt ein großartiges Überangebot an Kunst dar und man kann sich den Luxus gönnen, deprimierende Werke zu ignorieren.
Früher habe ich noch versucht, Kunstwerke zu verstehen - heute konsumiere ich einfach und gönne mir mehr Zeit bei jenen, die mein Herz hüpfen lassen, als jenen, die mir an Dinge wie Tod, Diäten oder Steuererklärungen erinnern.
Im Nachhinein waren die beiden Wochen mit Michaela wunderschön, wenn ich auch mit den Folgen meiner Erziehung konfrontiert wurde.
Wenn man damit beginnt, sein Kind mit 14 ins Ausland zu schubsen, es mit 16 dann ein ganzes Jahr nach Australien lässt und es dabei auch noch Singapur kennenlernt, darf man bei einer kleinen Europareise nicht unbedingt große, staunende Kinderaugen erwarten.
(außer beim nächtlich blinkenden Eiffelturm :)
Als ich uns extra die Rückfahrt durch die Lagune zum Flughafen besorgt hatte, musste ich doch damit leben, dass das Töchterlein lieber las, als noch letzte Blicke auf Lagune, Venedig und überhaupt zu werfen.
*grummel*

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